Verwaltung 4.0 – Die UV-Welt in 10 Jahren
Wie arbeitet die Unfallversicherung in Zukunft? Was bringt die Digitalisierung – Stichwort Verwaltung 4.0? Und was ist Smart Government? Ein Ausblick.
Niemand weiß genau, was in zehn Jahren sein wird. Und doch darf eine Prognose gewagt werden: Der digitale Wandel ist ein fortschreitender Prozess, der auch die gesetzliche Unfallversicherung verändert und weiter verändern wird. „Das ist mit zahlreichen Herausforderungen verbunden“, stellt SIGUV-Geschäftsführer Johannes Tichi fest: „Darauf müssen wir uns vorbereiten.“
Der gesellschaftliche Druck auf die gesetzliche Unfallversicherung zur Digitalisierung ihrer Prozesse wächst. Ein Beispiel: Die Unternehmensberatung McKinsey und der Digitalverband Bitkom haben in einer Studie herausgefunden, dass sich der Aufwand für Verwaltungsdienstleistungen durch konsequentes Nutzen digitaler Techniken um die Hälfte reduzieren ließe. An einigen Stellen sei sogar ein Einsparpotenzial von 60 Prozent drin. Unter dem Strich könnte die Wirtschaft so Milliarden Euro sparen.
Doch was bedeutet Verwaltung 4.0 oder Smart Government in der Praxis? Welche Folgen hat das für die Arbeit in der Verwaltung? Und welche Herausforderungen bringt der demografische Wandel in diesem Zusammenhang mit sich?
Fachleute sind sich sicher: Künftig werden Prozesse in der gesetzlichen Unfallversicherung stark geprägt sein durch automatisierte Prozesssteuerung, veränderte Algorithmen und neue Kollaborationsformen wie zum Beispiel Blockchain. Dazu Johannes Tichi: „Wir versprechen uns davon eine effizientere Verwaltungsarbeit, die Entwicklung neuer digitaler Dienste für Versicherte und Unternehmen sowie flexible Arbeitszeitmodelle für die Belegschaft.“
Natürlich seien dazu höhere IT-Investitionsbedarfe, eine permanente zielgerichtete Weiterqualifizierung der Belegschaft sowie ein steigender Bedarf an IT-Fachkräften nötig.
Weniger Routine – mehr Entscheiden
Das Ziel steht fest: In zehn Jahren soll die Arbeit der Unfallversicherungsträger durch regelbasierte Anwendungsprogramme von lästiger Routine befreit sein. Ein effizientes Wissensmanagement, neue Technologien, das Nutzen vernetzter Daten sowie künstliche Intelligenz sollen es Menschen ermöglichen, sich auf tatsächliche Entscheidungsprozesse zu konzentrieren. Digitale Prozesse und Apps erleichtern Dienstleistungen und die Beratung. Davon profitiert die zielgerichtete Kommunikation mit Versicherten und Unternehmen.
Der Zeitbedarf für administrative Arbeiten wird sinken, die Qualität der Arbeitsergebnisse für den Kunden steigen. Damit wird einhergehen, dass diejenigen, die die Arbeit leisten, gesund und leistungsfähig bleiben.
Zu leistende Arbeit und digitale Prozesse werden sich stets und immer mehr an den Kundenbedürfnissen orientieren. Mit neuen Arbeitszeitmodellen wird den Wünschen der Beschäftigten Rechnung getragen.
Dazu SIGUV-Geschäftsführer Dr. Udo Schöpf: „Wir betrachten Effektivitätsgewinne als eine Dividende der künstlichen Intelligenz und wollen sie nutzen, um mehr Zeit für unsere Kunden zu haben.“ Möglich sei natürlich auch eine Arbeitszeitverkürzung.
Voraussetzung ist, dass die heute weit verbreitete negative Belegung von „autonomen Maschinen“ sich in eine Affinität zu arbeitserleichternden Assistenzsystemen wandelt, mit deren Hilfe Kundenbedürfnisse besser befriedigt werden können.
Wettbewerb um Fachkräfte
Eine große Herausforderung ist der Arbeitsmarkt für IT-Fachkräfte. Die öffentliche Verwaltung hat es heute schon schwer, gegen die Konkurrenz der Privatwirtschaft zu bestehen. Die kann häufig viel besser bezahlen. „Die von der Politik vorgegebenen Gehaltstabellen im öffentlichen Dienst lassen eine marktgerechte Vergütung nicht zu“, erklärt Tichi. „Es wäre zu wünschen, dass hier ein Umdenken einsetzt.“
Doch die Verwaltung 4.0 bietet auch Chancen. Ein Stichwort: Work-Life-Balance. Dazu gehören eine hohe Flexibilität von Ort und Zeit beim Arbeiten, attraktive Angebote zur Kompetenzentwicklung und Weiterqualifizierung sowie maßgeschneiderte Arbeitsumgebungen. Dazu muss die öffemtliche Verwaltung Antworten finden auf die Fragen von Beschäftigten:
- Welcher Beruf oder welches Studium bietet mir eine langfristig sichere, attraktive und fair bezahlte Beschäftigung?
- Werden meine Qualifikationen und mein Job mich angesicht der schnellen Veränderungen durch mein Berufsleben tragen?
- Wo finde ich ein kollaboratives und vernetztes Arbeits umfeld?
Um als attraktiver Arbeitgeber im Wettbewerb um Schulabgänger und gut ausgebildete Fachkräfte mithalten zu können, muss sich der Unfallversicherungsträger 4.0 für neue Kommunikationstechniken, flexible Arbeitszeitmodelle und mobile Arbeitsplätze öffnen. Es gilt Beschäftigungsinhalte, Kompetenzen und IT-Unterstützung zu entwickeln, die ein digital orientiertes Organisationsmodell „Unfallversicherung 4.0“ ermöglichen.
Die Aussicht ist, dass Arbeit damit noch attraktiver, flexibler und mobiler wird. Dies ist eines der Argumente, welches Menschen eine bessere Vereinbarkeit von Karriere und Familie verspricht. Johannes Tichi ist optimistisch: „Der digitale Wandel kann dazu beitragen, dass alle Beschäftigten mehr Zeitsouveränität und eine bessere Work-Life-Balance erleben können.“
- Webcode: 21462725