Eine Chance für kreatives Denken

Künstliche Intelligenz – kurz: KI – ist in aller Munde. Auch die SIGUV nutzt die Möglichkeiten von KI im Interesse der ihr angeschlossenen Unfallversicherungsträger. Die Vermeidung eintöniger Arbeiten oder die Erstellung einheitlicher Standards für Streitfälle sind nur zwei der potenziellen KI-Einsatzfelder, sagt KI-Expertin Miriam Dünnwald.

Miriam Dünnwald
Miriam Dünnwald

Welche Aufgaben haben Sie bei der BG ETEM mit Blick auf den SIGUV?

Miriam Dünnwald: Ich arbeite bei der BG ETEM im Team EDA Web als Webentwicklerin. Im Moment migriert das dreiköpfige Team der Webentwickler die laufenden Portale und Magazine in die neusten Versionen. Das Content Management System (CMS) und das Framework, das wir benutzen, gibt es mittlerweile in einer Version, die auch endlich Python 3 unterstützt (Python ist eine universelle Programmiersprache, d. Red.). Wir bringen gerade alles auf die neuen Versionen mit Python 3 und sind auch für die Administration der alten Portale zuständig, die aktuell noch im Einsatz sind. Dort fallen immer noch kleine Änderungen an, oder es werden kurzfristig neue Features gewünscht, die nicht bis zur neuen Version warten können.

Das Framework und das CMS werden ebenfalls von verschiedenen Trägern genutzt. Da macht es Sinn, sich zu organisieren und abzusprechen, wer welche Features implementiert hat und wer davon was gebrauchen kann. Ziel is es, auf diesem Feld eine einheitliche Basis zu schaffen.

Außerdem bringe ich mein Know-How in die Datenaustauschprojekte mit ein, programmiere dort bisher aber nicht selber mit. Wir arbeiten gerade daran, die beiden Bereiche EDA und Web so zu verschmelzen, dass es dort keine Trennung mehr gibt. Wir möchten nicht alleine über unsere Produkte und Lösungen definiert werden, sondern über die Leistungsfähigkeit und die Skills des gesamten Teams.

Seit wann befassen Sie sich beruflich mit KI?

Ich habe gegen Ende meines Masterstudiums angefangen zu arbeiten, da ich als wissenschaftliche Mitarbeiterin nicht genug für meine Familie verdient habe. Ich habe zwei Kinder und der erste Job war der als KI-Entwicklerin. Ich konnte dort fertig studieren und gleichzeitig Erfahrungen sammeln. Dafür bin ich dankbar und hatte dort streckenweise eine wirklich schöne Zeit.

Was hat die SIGUV mit KI zu tun?

Fragen dieser Art finde ich etwas schwierig, weil ich in einen großen Bereich der SIGUV als reine Webentwicklerin keinen genauen Einblick habe. Da ich noch nicht allzu lange bei der BG ETEM arbeite, fehlt mir noch das Wissen über die Prozesse, die nichts mit dem Webbereich zu tun haben. Das Arbeitsfeld ist riesig und nicht in ein paar Tagen erledigt. Ich sehe allerdings, dass die digitale Transformation bei den Trägern noch nicht abgeschlossen ist. Wir stecken sozusagen mittendrin und es gibt z. B. noch viele Prozesse, die nicht automatisiert sind – nicht nur im Webbereich.

Prozesse zu automatisieren hat viele Vorteile. Es geht dabei nicht darum, möglichst viele Arbeitsplätze wegzurationalisieren. Es geht darum, Menschen von langweiligen Aufgaben zu befreien, die von spannenderen Tätigkeiten abhalten. Mir geht es selber so, dass es bei uns manche nicht automatisierte Prozesse gibt, die sich ständig wiederholen und mich von Dingen abhalten, die mir mehr Spaß machen würden.

Oft ist es so, dass mein Gehirn bei solchen Tätigkeiten auf Standby schaltet – was völlig normal ist. Deshalb unterlaufen vielen Menschen bei einfachen Tätigkeiten aus Unaufmerksamkeit auch schnell Fehler. Einer Maschine passieren solche Fehler nicht, jedenfalls nicht aus Unaufmerksamkeit.

Nicht jeder dieser Prozesse muss mit KI automatisiert werden, oft reichen regelbasierte Lösungen. Und auch da haben wir noch viel zu tun, aber in manchen Fällen macht der Einsatz durchaus Sinn – z.B. wenn so viele Regeln nötig sind, dass ein Set nicht mehr gewartet werden kann und keiner mehr durchsteigt. Oder wenn sich Entscheidungen aus einer riesigen Datenbasis ableiten sollen, die ein Mensch nicht überblicken kann. Außerdem macht KI großen Spaß, was zumindest mein Hauptmotiv ist.

Welche Chancen bietet KI der SIGUV und den ihr zugehörigen Unfallversicherungsträgern?

KI bietet den Trägern die Chance, Probleme automatisiert zu lösen, die sich nicht oder nur sehr umständlich durch regelbasierte Systeme abdecken lassen. Außerdem wird zum Thema KI aktuell noch viel geforscht. Dabei handelt es sich nicht um ein abgeschlossenes Kapitel – und mit eigenen Ideen kann man hier richtig mitwirken. Man kann sehr kreativ sein, selber ganz neue Ideen mitbringen, sich an der Forschung beteiligen und durchaus auch die Ergebnisse veröffentlichen.

Man weiss vorher eigentlich nie, wie gut sich ein Problem mit KI lösen lässt. Man muss viel ausprobieren und lernt dabei unheimlich viel. Man muss offen für Neues sein, darf keine Angst haben, sich in wissenschaftliche Studien zu ähnlichen Problemen einzulesen und muss auch mal verrückte Ideen haben. Programmierer sind eigentlich Problemlöser – und Probleme mit KI zu lösen ist sehr aufregend. Ein echter Spielplatz für berufliche Problemlöser. Programmierer sind oft wie Kinder, spielen gerne und sind total neugierig.

Was sind aus Ihrer Sicht Aufgaben der SIGUV, die sich mithilfe von KI in den kommenden Jahren besser gestalten lassen?

Wie schon gesagt, kann KI bei der digitalen Transformation ‚helfen‘. Sie ist kein Wundermittel und oft reicht eine regelbasierte Lösung.  An solchen Lösungen arbeiten wir ebenfalls. In dem Bereich steckt auch noch viel Potenzial. Wir konnten allerdings auch schon Anwendungsfälle identifizieren, wo es absolut Sinn macht, KI eine Chance zu geben und wo wir uns sehr gute Ergebnisse versprechen.

Mögliche Einsatzfelder sind wirklich vielfältig. Es reicht z.B. für erste Ideen, sich die Kritik an der Arbeit der Unfallversicherungsträger in den Social Media-Kanälen anzusehen. Dort äußern sich z.B. Menschen, die sich ungerecht behandelt fühlen. KI könnte bei der Erarbeitung einheitlicher Standards für Streitfälle helfen. Denn Menschen, die über Versicherungsfälle urteilen müssen, arbeiten zwar nach einem bestimmten Regelwerk, fällen ihre Entscheidungen aber zu einem Teil auch abhängig von ihren Erfahrungen und ihrem Empfinden.

Deshalb können Entscheidungen nicht immer einheitlich ausfallen. Sie hängen zu einem Teil vom Menschen ab, der diesen Fall bearbeitet. KI könnte eine riesige Datenbasis aus ähnlichen früheren Fällen nutzen, um einem Betroffenen anzuzeigen, wie in ähnlichen Fällen bisher meistens entschieden wurde. Dies kann Transparenz schaffen und somit eine Grundlage für einheitlichere, fairere Entscheidungen.

Eine weitere Möglichkeit zur Nutzung von KI ist, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter danach zu befragen, an welcher Stelle sie genervt von ihrer Arbeit sind. Dort gibt es oft gute Ansatzpunkte, um den aufreibenden Part auf Maschinen auszulagern. Oder eingereichte Dokumente, etwa Lohnnachweise, werden automatisch von einem KI-System auf Betrugsversuche untersucht. Zudem könnten Anfragen teilweise automatisch beantwortet und nur besondere Fälle an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Unfallversicherungsträger herausgefiltert werden.

Es gibt sehr viele Möglichkeiten, die man zusammen mit den Fachbereichen evaluieren muss. Wichtig ist dabei aus meiner Sicht, die späteren Benutzer schon in die ersten Schritte einzubeziehen – denn ein fähiges KI-System ist nutzlos, wenn es nicht akzeptiert wird.

Zur Person:

Miriam Dünnwald ist seit zwei Jahren Webentwicklerin im Team EDA der BG ETEM. Sie studierte Informatik und liebt alle Fächer rund um die Mathematik – „obwohl mir diese Fächer nie leicht gefallen sind“, wie sie sagt. „Sie haben mich aber so sehr fasziniert, daß ich da jede freie Minute rein versenken konnte und kann. Ich lerne in jeder freien Minute weiter, leider habe ich in meinem Empfinden viel zu wenige freie Minuten.“

 

 

 

  • Webcode: 21672756
Diesen Beitrag teilen
SIGUV-Insider werden

Hier können Sie SIGUV Inside bestellen bzw. abbestellen.

Ich habe die Datenschutzerklärung der SIGUV gelesen. Mit der Speicherung und Verarbeitung meiner Daten im Sinne der Datenschutzerklärung bin ich einverstanden.
TSM