Kühle Räume in heißen Zeiten

Das SIGUV-Rechenzentrum in Alzey (Rheinland-Pfalz) setzt zur Kühlung seiner Rechnerräume auf ein hochmodernes dreistufiges System – die adiabate Kühlung. Der Vorteil: Nur an sehr warmen Tagen muss eine Kompressionskälteanlage zugeschaltet werden.

Der deutsche Sommer 2022 wird als einer der wärmsten der vergangenen Jahrzehnte in die Geschichte eingehen. Und auch in den Vorjahren waren in den Sommermonaten bereits mehrfach ungewöhnlich hohe Temperaturen zu verzeichnen. Temperaturen, die für viele Bereiche der Wirtschaft und des täglichen Lebens eine große Herausforderung darstellen. Das gilt besonders für die Betreiber von Rechenzentren, die für einen stabil störungsfreien und geräteschonenden Betrieb während des gesamten Jahres eine konstante Zulufttemperatur sicherstellen müssen.

Das Kühlsystem des 2018 errichteten SIGUV-Rechenzentrums (RZ) setzt für das Erreichen dieser Ziele Maßstäbe. Denn es „kann in weiten Teilen des Jahres mithilfe der Außenluft oder der sogenannten adiabaten Verdunstungskühlung für die gewünschte Temperatur in den Serverräumen sorgen“, wie Stefan Reck, technischer Leiter des RZ, erklärt. Erst bei Temperaturen oberhalb 28 Grad Celsius schalten sich automatisiert die Kompressionskälteanlagen zu, um die Zulufttemperatur im Rechenzentrum stabil zu halten.

Die drei Kühlmethoden, die im SIGUV-RZ zum Einsatz kommen, sind:

  1. Indirekte freie Kühlung: Die erwärmte Prozessluft eines Serverraums wird indirekt über den asymmetrischen Kreuzstromwärmetauscher (Rekuperator) mithilfe der Außenlufttemperatur abgekühlt.
  2. Adiabate Verdunstungskühlung: Die Prozessluft wird über die indirekte adiabate Verdunstungskühlung durch verdampfendes Wasser abgekühlt.
  3. Kompressionskälte: Bei hohen Außentemperaturen wird zusätzlich zur adiabaten Verdunstungskühlung die mit leistungsregelbaren Scroll-Verdichtern ausgestattete Kompressionskälteanlage zugeschaltet.

Besonders bemerkenswert ist aus Sicht von Elektrotechniker Reck die adiabate Verdunstungskühlung, die bei einer Außentemperatur von etwa 18 bis 28 Grad zum Einsatz kommt. „Nicht nur während der Planung und Inbetriebnahme war die adiabate Kühlung ,State of the Art‘, inzwischen bieten viele Hersteller diese Methode der Kühlung an, sagt Reck nicht ohne Stolz – und sie sei extrem effizient.

„Die Adiabatik-Anlage berieselt über den Kreuzstromwärme-Tauscher mit Wassertröpfchen“, erläutert Reck das Verfahren. „Diese Wassertröpfchen verdunsten dann und entziehen der Umgebung Wärmeenergie – die Umgebungstemperatur sinkt also.
Die Wirkung erklärt er anhand eines natürlichen Beispiels: „Das gleiche, adiabate Kühlprinzip kennen wir vom Schwitzen. Auf der Haut bildet sich ein Flüssigkeitsfilm. Damit dieser verdunsten kann, ist Wärme nötig. Diese wird der Umgebung - hier die Haut – entzogen, wodurch die Temperatur sinkt und die Haut gekühlt wird.“

Effizienzfaktor PUE
Für die Energieeffizienz eines Gebäudes ist der Power Usage Effectiveness (PUE)-Wert eine charakteristische Kennzahl. Der PUE-Wert drückt aus, wie energieeffizient ein Rechenzentrum arbeitet. Bei der Berechnung der Messgröße wird die gesamte zugeführte Energie durch den Energieverbrauch des IT-Equipments geteilt:
PUE = gesamter RZ-Energieverbrauch / Verbrauch der IT

„Wenn wir valide prüfen wollen, wie effizient unser Rechenzentrum arbeitet, so schauen wir uns den Effizienzfaktor PUE – die Abkürzung steht für Power Usage Effectiveness – näher an. Nicht nur in unserem SIGUV-RZ bezeichnet die Kenngröße PUE das Verhältnis des Energieaufwands für das gesamte Rechenzentrum zum Energieaufwand, den wir und unsere Kunden allein für die IT- Infrastruktur verbrauchen – also der Gesamtenergieverbrauch geteilt durch den Energieverbrauch der IT“, erläutert der RZ-Technikchef Stefan Reck. Nach seinen Angaben liegt der PUE-Wert des SIGUV-RZ in Alzey bei 1,17 - ein Wert, der weltweit als „sehr effizient“ einzustufen ist.

Und zur Einordnung - in 2017 lag der durchschnittliche PUE bei rund 1,8 in Deutschand, so Reck.

„Die hohe energetische Effizienz des SIGUV-RZ, in dem sechs Unfallversicherungsträger, der Softwareentwickler HDP GmbH und gemeinsam genutzte Räume aller SIGUV-Partner ansässig sind, ist erst recht bemerkenswert, wenn man weiß, dass nahezu alle wichtigen Gewerke redundant aufgebaut sind,“ sagt Stefan Reck. Der redundanten Infrastruktur des Rechenzentrums einerseits sowie den kontinuierlich und präventiv durchgeführten Instandhaltungsmaßnahmen andererseits ist es zu verdanken, dass das SIGUV-RZ seit seiner Fertigstellung eine „Verfügbarkeit von 100 Prozent“ hat, wie Reck betont. Ein Ergebnis, das der Technikchef auf Höchstniveau halten wird, und auf das „die gesamte SIGUV-Gruppe sehr stolz ist“.

Trotz des aktuell hohen Energieeffizienz-Standards ruhen sich die am SIGUV-RZ beteiligten Unfallversicherungsträger aber nicht auf den bisherigen Erfolgen aus. „Wir haben in den vergangenen Jahren an vielen kleinen Stellschrauben gedreht“, verrät Reck. Aktuell werden weitere für die Raumkühlung wichtige Schutzmaßnahmen wie Außenwandbegrünung und Segelbeschattung intern diskutiert und kalkuliert, um hohe Temperaturen an den Außenwänden möglichst zu vermeiden. Eine Arbeitsgruppe beschäftigt sich zu diesem Thema mit „ökologisch-technischen Trends weltweit“, etwa der Verwendung von erneuerbaren Energien und der noch effizienteren Nutzung von Frisch- und Regenwasser.

„Gerade angesichts der zurückliegenden und vermutlich auch künftig häufigeren heißen Sommer seien diese Schritte von größter Bedeutung“, sagt Reck. „Wir steigern fortwährend unser Unternehmensimage und die Zukunftsfähigkeit des SIGUV-Rechenzentrums, in dem wir nachweislich unsere IT-Sicherheit sehr ernst nehmen und auf den Prüfstand stellen. Der Prozess der Zertifzierung nach ISO 27001 ist deshalb bereits in vollem Gange – und wir gehen davon aus, schon Mitte 2023 das Zertifikat in den Händen zu halten.“

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